Menura

2015 / HD / Footage zu einem Film

In der Mittelschule hielt ich einen Vortrag über Menura (Leierschwanz), einem Essay des Biologen Adolf Portmann in seinem Buche Das Tier als soziales Wesen (1953) folgend. Das Buch stammte aus der Bibliothek meiner Mutter und faszinierte mich so sehr, dass ich es mehrmals las. Das Kapitel über den Leierschwanz, der nur in Australien vorkommt, beschäftigte mich besonders. Portmann postuliert darin, dass dieser ausserordentliche Vogel, der alle Vögel seines Biotops, aber auch menschliche Geräusche wie Sirenen, Radios, Kindergeschrei, Kameraklicks etc, imitieren kann, über Bewusstseins-Fähigkeiten verfügen müsse, die den unseren verwandt sind. In Australien gibt es zudem die Laubenvögel, welche fantastische Tanzplätze farbig gestalten, auch sie ein Hinweis darauf, dass Bewusstsein und Kreativität kein menschliches Privileg sind.

 

Mit meinem Biologen- und Psychologenfreund Hans Heusser diskutierte ich jahrelang über Darwinismus, Neodarwinismus und Vulgärdarwinismus und die katastrophalen Folgen, welche diese Ideologie des Kampfes ums Dasein und die Selektionstheorie des Survival of the Fittest auf die Entwicklung unserer Gesellschaft hatte und hat. Daraus entstand das Projekt eines Filmes mit dem Arbeitstitel Menura, in dem das Leben und die Fähigkeiten des Leierschwanzes mit einem der hartgesottensten Neodarwinisten, Richard Dawkins, konfrontiert werden sollte. Wie würde er die stupenden Fähigkeiten eines Leierschwanzes aus Zufall und Selektion herleiten? Wie könnte er die fantastischen Tanz- und Balzkünste der Paradiesvögel erklären? Im wissenschaftlichen Denken, insbesondere in der Biologie, ist die Kreativität der Natur weitgehend ausgeklammert, also auch kaum erforscht worden. Man muss kein

Kreationist sein, um zu sehen, dass In der Natur kreative Kräfte am Werk sind, welche weit über Zufall und Selektion hinausgehen, deren Ursprung wir aber nicht kennen. Dies wollte ich in einem Film sicht- und erlebbar machen.

 

2015 reisten Pamela Ammann und ich durch Australien, u.a. mit der Absicht, die Möglichkeit  Leierschwänze zu filmen, zu analysieren. Im Dandenong Urwald nahe bei Melbourne begegneten wir unter kundiger Führung einer Wildbeobachterin diesen aussergewöhnlichen Sängern und ich dokumentierte meine Beobachtungen mit der Digitalkamera.

Schon beim Betreten des Waldes frühmorgens hörten wir den unverkennbaren Gesang dieser Vögel, eine phrasenreiche Improvisation, die mich an das Spiel eines John Coltrane erinnerte. Aber wir begegneten den Vögeln auch von nahem, die an Menschen offensichtlich gewohnt waren. Es zeigte sich, dass das Filmen von Leiervögeln dennoch eine grosse Herausforderung war, weil sich diese im Unterholz und Gestrüpp des Urwaldes bewegen und es deshalb schwierig ist, einen ungestörten Blick auf sie zu haben. Insbesondere die von ihnen angelegten Balzplätze, auf dem sie wunderbare Tänze aufführen, sind hinter hohen Stauden und Gras versteckt. David Attenborough drehte seinen Leierschwanz Film denn auch im einzigen Zoo, in dem der Vogel gehalten wird.

 

Aus dem Film wurde nichts. Der Aufwand, um zu den Aufnahmen zu gelangen, hätte Monate, wenn nicht Jahre gedauert. Und vor dem Klinkenputzen für ein weiteres riskantes Projekt graute mir.

 

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Leierschwanz bei der Futtersuche

 

 

 

 

 

Tanzplatz des Leierschwanzes